„Lieber gut kopiert als schlecht kreiert!“

Kopie

Eine Lobeshymne auf das am meisten unterschätzte Designprinzip der Weltgeschichte

1. Ein Satz wie ein Skandal

„Lieber gut kopiert, als schlecht kreiert!“
– das sagt man vielleicht unter der Hand, nach dem dritten Bier,
aber sicher nicht auf einer Designkonferenz.
Oder doch?

Denn so provokant er klingt, dieser Satz verdient eine zweite Chance.
Vielleicht ist er sogar das kreativste Statement überhaupt – wenn man ihn richtig versteht.

2. Das schlechte Image der Kopie

Kopieren? Igitt.

  • Plagiate? Unethisch.
  • Ideenklau? Illegal.
  • Copycats? Unkreativ.

Und tatsächlich:
Wer schamlos kopiert, verletzt Urheberrechte, unterläuft Investitionen und gefährdet Innovation.

Deshalb gibt’s Patente, Urheberrecht, Schriftsatzanwälte und den berechtigten Wunsch, nicht von jedem Zweitsemester auf TikTok nachgebaut zu werden.

Soweit, so verständlich.
Aber ist das die ganze Wahrheit?

3. Das Leben selbst ist ein Copyshop

Was macht DNA den ganzen Tag?
Kopieren.
Wie lernen Kinder jagen, sprechen, tanzen, lügen?
Durch Nachahmung.

Die Natur lebt vom Kopieren.
Aber nicht blind. Sondern:
Mit Mutation, Variation, Improvisation.

Ein schlechter Kopierer stirbt aus.
Ein guter wird zur neuen Art.

Copy → Twist → Create.
Das ist Biodesign at its best.

4. Der kreative Mensch als Variationstalent

Was tun Kreative?
Sie klauen mit Stil.

  • Sie nehmen Bekanntes,
  • mischen es mit Mangel,
  • und zwingen sich dadurch zu neuen Lösungen.

Keine Materialien? → Neues Design.
Andere Kultur? → Neue Form.
Weniger Budget? → Mehr Idee.

Jedes Design ist die Summe seiner Umstände.
Und Industrial Designer sind Anthropologen dieser Umstände.
Sie spüren auf, rekonstruieren, variieren –
und geben alten Ideen ein neues Leben.

5. China macht’s. Und zwar konsequent.

Der Westen schimpft:
„China kopiert uns kaputt!“

Aber vielleicht schauen wir falsch hin. Vielleicht ist Kopieren dort keine Schande, sondern eine Ehre.

Denn:
Was der Gemeinschaft nützt, wird geteilt.
Leistung ist kein Privateigentum, sondern ein Geschenk an alle.
Wer kopiert wird, ist ein Vorbild – kein Opfer.

Ja, China verletzt Patente.
Aber China wächst.
Weil es das Grundprinzip des Lebens ernster nimmt als wir.

Ob das gut oder schlecht ist?
Darum geht es gar nicht.
Die Frage ist:
Was lernen wir daraus für unsere Haltung zum Kopieren und kopiert werden?

6. Mutation statt Imitation

Natürlich reicht reines Kopieren nicht.
Sonst gäbe es nur Stillstand.
Aber:
Ohne Kopie – keine Mutation.
Ohne Mutation – keine Revolution.

Kreative gestalten nicht gegen das Kopieren,
sie gestalten über das Kopieren hinaus.
Und die Besten sagen:
„Kopier mich ruhig – ich bin längst woanders.“

7. KI? Der größte Kopierer aller Zeiten

Künstliche Intelligenz macht sichtbar, was lange verborgen war:

Wir sind alle Kopierer.
KI ist nur schneller.

Sie zeigt gnadenlos, wo Menschen nur reproduzieren, und zwingt uns dadurch, endlich wirklich kreativ zu werden.

Fazit:

Kopieren ist kein Verrat an der Kreativität.
Es ist ihr Schicksal.

Wer das ignoriert, hat das Spiel nie verstanden.

Hyperkreative lassen sich gern kopieren.
Weil sie wissen: Die nächste Idee ist schon lange da.


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